Wie war das mit diesem famosen Tipp, man solle die Arbeit nicht mit nach Hause nehmen? Ich frage mich allerdings, wie man gegen Ohrwürmer ankämpfen soll. Seit STUNDEN geht mir dieses Lied nicht mehr aus dem Kopf und die vierjährige Sängerin dazu, die mit inbrünstiger Stimme und theatralischer Höchstleistung in den unmöglichsten Momenten des Tages „Bist du aaaauch so faliiiiiiebt wie iiiich“ schmettert. Und nochmal von vorn: „Heeerz an Heeerz, Tag und Nacht, immazu mh mh blala…bist du aaauch so faliiiiebt wie iiiich“. Eigentlich soll sie sich ja umziehen. Wie die anderen Kinder auch. Weil Sporttag ist. Aber wer von euch auch schonmal verliebt war, kann sicher sehr gut nachvollziehen, dass man Anderes im Kopf hat, als sich solch schnöden Tätigkeiten wie dem Umziehen zu widmen. Pff. Warum auch, danach zieht man sich ja eh wieder um. Und erst recht warum auch, wenn sie sowieso (das weiß sie zu dem Zeitpunkt nur noch nicht) lieber ganz furchtbar wutig während der Turnerei am Rand schmollen mag, weil Hannah vorgedrängelt hat. „Hab ich gar nicht!“ – „DOCH, hast du wohl!“ – „Hab ich gar nicht, du bist ein bisschen weggegangen!“…hach, so kommt jetzt aber auch keiner vom Fleck weg. Ich kratze mir den Kopf, natürlich nur in Gedanken. Jedenfalls sind doch irgendwann alle Sportsachen angezogen, nachdem ausführlich geklärt wurde, wie denn jetzt genau das vonstattengeht, die Sache mit dem An- und Ausziehen (ist ja nicht so, dass wird das jeden Tag und sogar mehrmals tun). „Demaaaris, kann ich die Socken an lassen?“ – „Ja, die Socken kannst du wieder anziehen, wenn du die Schuhe darüberziehst. Hauptsache, du rutschst nicht aus.“ – „Sonst nichts, Demaaaris?“ – „Ja, doch, schon, du kannst ja nicht nackig Sport machen.“ – „Und das Unterhemd, Damari?“ – „Das Unterhemd kannst du ausziehen.“ – „Mamaris, kann ssu bitte ssumachen die Kmöpfe?“ – „Aber sicher.“ – „Tamaris, ich hab Duaaast!“ – „Hast du nichts getrunken?“ - Ich ernte einen fragenden Blick mit nachgeschobenem „Aber ich hab doch gar keinen Bechaaa!“ – „Du darfst dir selbst einen nehmen, frische Becher stehen auf der Spüle.“ Unterdessen hat die faliebte Sängerin immerhin den Sportbeutel geöffnet. Na, wer sagt`s denn. „Heeerz an Heeerz…“ tönt es wieder. Herzerwärmend…Uff, alle sind umgezogen. Kann losgehen. „Mamaaaris, ich will nicht in den Sportraum! Ich will oben bleiben! Ich will basteln!“ Glücklicherweise erinnert sich die momentan-nicht-sehr-Sportmotivierte dann doch daran, dass ich ihr letzte Woche versprochen hatte, das nächste Mal der Bär beim Spiel sein zu dürfen. Statt „Wer hat Angst vor’m schwarzen Mann“ spielen wir „Wer hat Angst vor’m großen Bären“. Auf meine Frage hin, wer das Spiel schon kennt und in der vorigen Woche mitgespielt habe, melden sich einige. Einige, die es tatsächlich kennen und einige, die sich nur melden, weil andere sich gerade melden und da muss man sich ja auch melden. Und der Rest…gibt mir mit leicht verängstigtem Blick zu verstehen, dass er Angst vor Bären hat. Nach einem gutmütig-besänftigendem „Ach, der Bär, das ist eigentlich ein ganz Lieber, das darf man ihm nur nicht sagen!“ ist die mutige Horde überzeugt, dass das ein ganz tolles Spiel ist! Solange nur die Erzieherin rausfliegt (aufgrund angeblichen Wackelns) und nicht die Kinder. Dann ist das nämlich „ein plödes Spiel“, wenn man nicht gewinnt. Und schwupps, ist die Hälfte der Gruppe Schiedsrichter und fachsimpelnd damit beschäftigt, wer vielleicht etwa doch mit der Augenbraue gewackelt oder mit dem linken kleinen Zeh gezuckt hat. Der Bär hat nicht mehr viel zu sagen. Er scheint wahrlich von der sehr gemütlichen Sorte zu sein, dass er sich bei dem Krawall nur noch weiter in seine Höhle verzieht, um seine Ruhe zu haben. Denn da draußen steppt wohl ein anderer Bär.
Und wo der Bär steppt, kann man einfach nicht lange maulig sein. Wie leicht wäre es, zu sagen, dass die Sportstunde bitte ganz schnell vorüber- und alle Kinder möglichst ohne Blessuren danach die Treppen wieder hinaufgehen oder einfach LEISER sein mögen (denn da steht schließlich ein Bär!). Jammern geht immer, ihr Lieben. Aber wie unsagbar stolz bin ich einfach nur, weil…
…die Kinder langsam alt genug sind, um Regelspiele zu spielen.
…sie sich einer nach dem anderen trauen, die Sprossenwand hochzuklettern, sich mit weit aufgerissenen Augen an der Bankrutsche festklammern und mich dann stolz wie Bolle anstrahlen, weil sie es „Damaaari, gesssafft“ haben.
…sich die Kinder auf die Ansage „So, und jetzt stellt euch mal bitte in einen Kreis!“ mittlerweile immerhin zu einem Osterei formieren und nicht mehr zu einem undefinierbar geometrischen Konstrukt.
…sie glückselig vor statt auf meiner Nase herumtanzen, weil sie „endlich rennen dürfen“.
…sie sich begeistert auf die Hindernistour durch den Dschungel, zwischen den wilden Tieren hindurch, an den Lianen hinauf und vorsichtig über den Sumpf watend einlassen, obwohl es doch nur ein bloßer Turnraum ist.
Kinderlachen kann so viel Freude machen. Kinder können so tolle Sachen machen. Kinder können so viel Krach machen. Kinder könne über so viele Sachen lachen.
Einfach bärenstark, herzerwärmend.
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